March of the Living 2013 in Auschwitz

Strahlend blauer Himmel, Schnee glitzert im Sonnenlicht, die Bäume eines Wäldchens spiegeln sich in einem kleinen See. Hier könnte man Urlaub machen. Doch der Schein trügt; Reste gesprengter Gaskammern und Krematorien stören die Idylle. Mir wird bewusst, dass an diesem Ort vor 70 Jahren Menschen darauf warteten, ihren letzten Weg ins Gas zu gehen.

Ich stehe auf dem Gelände des KZ Auschwitz-Birkenau, einer der größten Menschenvernichtungsfabriken des Nationalsozialismus. Die Szene ist so sarkastisch wie das Schild „Arbeit macht frei“ über dem Eingang von Auschwitz I. Ich frage mich, wie Menschen anderen Menschen solch ein Gräuel antun können.

Mit 50 Schülern aus vier anderen baden-württembergischen Schulen haben sich 6 Schüler aus der 8. Klasse der Georg-Hager-Schule und ich nach Polen aufgemacht, um am „Marsch der Lebenden“ (March of the Living) teilzunehmen. Wir sind gemeinsam mit einer tschechischen und einer slowakischen Schülergruppe an diesen Ort des Grauens gekommen. Als deutsche Gruppe wollen wir den ca. 1,3 Millionen Menschen gedenken, die in Auschwitz durch das Naziregime ermordet wurden. Wir haben uns entschlossen hier Flagge zu zeigen und so legen wir unsere Deutschlandflaggen um die Schultern. Wie werden die über 10000 jüdischen Jugendlichen und die anwesenden Holocaustüberlebenden reagieren? Beim Gang über das Gelände streifen uns manchmal kritische Blicke. Nachdem wir betroffen den Gang durch die noch erhaltene Gaskammer und das Krematorium hinter uns haben, kommen wir am Appellplatz mit dem Galgen vorbei. Wir wohnen einer Kranzniederlegung an einer Mauer bei, an der damals die Häftlinge erschossen wurden. Beim Treffen mit zwei Holocaustüberlebenden wird die Geschichte lebendig. Sie beantworten unsere vielen Fragen und erzählen von ihrem Überlebenskampf in den verschiedenen Lagern. Ich habe den Eindruck, dass sie froh sind ihre Geschichte erzählen zu können. Meine Schüler sind erstaunt, wie offen diese Menschen über ihre Erlebnisse berichten können. Dies ist auch für alle ein bleibendes Erlebnis auf dieser Reise.

Dann beginnt das Warten auf den Beginn des Marsches von Auschwitz nach Birkenau. Um uns herum wimmelt es von jungen Menschen aus der ganzen Welt. Mit unserem Schild „Germany“ stehen wir zwischen Mexikanern, Brasilianern, Argentiniern usw. und es kommt zu Begegnungen. Plötzlich möchte ein Schüler aus Argentinien seine blaue Kappe gegen meine deutsche Flagge tauschen. Es folgen weitere Tauschgeschäfte und dabei kommt es zu Gesprächen zwischen den deutschen und den jüdischen Schülern. Warum seid ihr hier? Woher kommt ihr? Warum nehmt ihr hier teil? Eine Schülerin wird gefragt: „Wie kannst du hier mit Stolz deine deutsche Flagge tragen.“ Sie kann erklären, was uns bewegt und warum wir hier sind. Wir wollen für die Generation stehen, die diese Geschichte auch in unserem Volk weiter erzählen wird. Das ist unsere Verantwortung. „Dann ist es gut, dass ihr hier dabei seid“, bekommt sie zum Schluss als Antwort.

Ja wir waren dabei, an „Yom ha shoah“, dem Holocaustgedenktag, und haben der vielen Opfer in Auschwitz gedacht. Aber ich glaube, dass es noch wichtiger war mitzuerleben, dass die jüdische Jugend lebt und Hitlers Vernichtungsplan gescheitert ist. Unsere Aufgabe als junge deutsche Generation wird sein, die Geschichte weiter zu erzählen und dafür zu kämpfen, dass sie sich nicht wiederholt.

Also setzen wir das um, wozu uns ein Text aus Joel 1, 2-3 auffordert, den wir am Eingang der Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem finden:

„Ist solches in euren Tagen oder in den Tagen eurer Väter geschehen? Erzählt euren Kindern davon, und lasst es eure Kinder ihren Kindern erzählen und die sollen es der nächsten Generation erzählen.“   

Ein herzlicher Dank geht an die Internationale Christliche Botschaft in Jerusalem (ICEJ), die diese Fahrt organisiert und uns die Teilnahme ermöglicht hat. In einem Rahmenprogramm gab es in Prag und Třinec (Tschechien) Vorträge über die deutsch-tschechische Geschichte und Begegnungen mit tschechischen und slowakischen Schülern.

                         gez. Werner Hartmann (Klassenlehrer Klasse 8)

Fotoserien

March of the Living 2013 (19. 04. 2013)

Teilnahme von Herrn Hartmann mit Schülern der Klasse 8 am March of the Living 2013 in Auschwitz.





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Veröffentlichung

Fr, 19. April 2013

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